Jupiter und ein bisschen Deep Sky (26.03.2016)

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Etz´red i!
Peter Maier ist in der Nutzergruppe 'Moderatoren'
Servus miteinander,

der gestrige Abend bot nach längerer Zeit endlich mal wieder Gelegenheit zur Deep Sky Beobachtung, wenn auch nur kurz aufgrund des frühen Mondaufgangs. Daher entschied ich mich auch nicht, den weiteren Weg zum Osterberg nach Pfünz zu fahren, sondern einen Platz in meiner Nähe, am nördlichen Ortsrand von Hepberg (Bayern, Altmühltal), auszuprobieren, der zwar nicht komplett von Streulicht verschont ist, aber für spontane kurze Beobachtungsabende völlig ausreichend. Google-Maps: https://www.facebook.com/l.php?u=https%3A%2F%2Fgoo.gl%2Fmaps%2FkidBXiwSstP2&h=PAQHBMGQuAQHa4wPKtJVbJPBoqbzixwaKjuHs8fqHDr5wyg&enc=AZPffpTQg0zRFmKRDhMwTZMiu3erxa531zl4K8DFghdXUaRkpNdBkXLqnSyKuGB3pRtKnAG-vvu-ZjNkaS92izsAAfbAnTfe514n5HuTuNtgmjqrTMpScb9eyMlzgjWgux-O_r0MlpUrUdCEcyKmmvQai-w64fKT9YUZCI418Zehkg&s=1
Beobachtet wurde mit meinem 14,5" (f/5,2) Dobson.

In der Abenddämmerung kam zunächst Jupiter dran - der GRF wunderbar sichtbar und zur Zeit in einem auffallend kräftigen Rot-Organge!
Trotz des anfänglich relativ starken Windes gab es immer wieder mal kurze, knackscharfe Momente der Luftruhe, in denen sehr feine Details zwischen den Äquatorialbändern: Wunderbare, feine Projektionen an den Bandrändern und sog. Girlanden, dunklere Fasern, die Zonen zwischen den Bändern durchqueren…

Der große Orionnebel M42, der jetzt zunehmend früher untergeht, kann immer noch kurz nach der Abenddämmerung beobachtet werden. Die großen "Fledermausschwingen" und besonders das Zentrum ist überwältigend detailreich - in ruhigen Sekunden erscheinen feinste Strukturen wie aus Watte und darin eingebettet das bekannte Orion-Trapez ("Theta Orionis"), dessen Abbildung für Fotografen aufgrund der oftmals überbelichteten Zentralregion nicht ganz einfach ist, visuell jedoch sehr einfach auch schon mit kleineren Öffnungen. Bereits ab 8 Zoll (und angeblich auch guten 4" Refraktoren) lassen sich bei guter Luftruhe noch die zwei weiteren Komponenten E und F beobachten (jeweils nur ca. 11 mag). An diesem Abend und mit 14,5" überhaupt kein Problem - mit dem 10mm Ethos (bei ca. 190-facher Vergrößerung) standen alle 6 Sterne einfach da. Mit deutlich größeren Öffnungen (z.B. 20" oder größer) werden auch die weitaus schwächeren Komponenten H und G (16 mag!) visuell beobachtbar…
Siehe auch nachfolgenden Link mit Skizze:
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Frühlingszeit ist Galaxien-Zeit!
Die Sternbilder Jungfrau und Haar der Berenike, die ebenfalls ein reichhaltiges Angebot an Galaxien um M87 ("Virgo A") enthalten, standen zur Beobachtungszeit noch ziemlich tief im Osten, wo der Himmel auch etwas stärker vom Streulicht aus Kösching und Ingolstadt beeinträchtigt war. Deshalb habe ich mir für die Zeit nach der Dämmerung besonders die Gegend um den großen Wagen bzw. Bär und die Jagdhunde vorgenommen, die in den verbleibenden 2 Stunden bis Monaufgang fast bis in Zenithöhe aufsteigen sollte.

Los gings mit dem einfachen, aber immer wieder schönen und hellen Galaxiepaar M81/82. Während die Spirale M81 in ihren Aussenbereichen leider relativ schwach ausgeprägt ist und daher in Stadtnähe kaum Details bietet, ist die in Wechselwirkung zu ihr stehende M82 ("Zigarrengalaxie") auch mit kleineren Instrumenten ein lohnendes Ziel. Auch wenn es sich um eine irreguläre Galaxie handelt, zeigt diese deutliche Kantenlage. Mit dem 10mm Okular (ca. 190x) erschienen die helleren Knoten im Zentrum aufgelöst, wenn auch nicht so deutlich durch die Dunkelbänder umrissen wie bei dunklerem Himmel zu erwarten gewesen wäre. Vor 2 Jahren gab es in dieser Galaxie übrigens auch eine visuell sichtbare Supernova (C/2014 J).
Ganz in der Nähe und meistens einfach überfahren bzw. übersehen werden die in unmittelbarer Nähe befindlichen Begleitgalaxien NGC3077 (9,9 mag) und NGC2976 (10,2 mag). Letztere ist deutlich größer und ovaler geformt ohne auffallendes Zentrum während NGC3077 kompakter erscheint, allerdings nur bei dunklerem Himmel und vermutl. mit großer Öffnung weitere Details zeigt.

Danach ging es weiter im Bereich vor dem Kasten des großen Wagens, quasi im Vorderlauf des großen Bären. Hier liegt zwischen den Sternen "Theta" und "Iota" die Galaxie NGC2841 (9,3 mag), ein deutlich ovales, längliches "Nebelchen" mit einer Ausdehnung von nur 8,1' x 3,5'. Nennenswerte Details waren hier an diesem Abend nicht zu sehen.
Ein Stückchen weiter in der Nähe des Sterns "Phi" befindet sich NGC3079. Diese beinahe 11 mag schwache Galaxie ist leider nicht mehr im "Altas für Himmelsbeobachter" von E. Karkoschka eingezeichnet, dafür aber z.B. im Deep Sky Reiseatlas (Oculum). Es handelt sich um eine interessante edge-on Galaxie (Kantenlage) in 50 Mio Lichtjahren Entfernung, die einen genaueren Blick wert ist: Das kleine, sehr langgestreckte Nebelchen erscheint leicht "verbogen". Es ist bekannt, dass es sich um eine sogenannte Balkenspiralgalaxie handelt, aus deren Zentrum heiße Gase ausschießen und zu heftigen Sternentstehungen (Starbursts) führen. Unweit von NGC3079 befindet sich die winzige, mit 13,4 mag deutlich lichtschwächere Galaxie NGC3073. Außer ihrer kleinen runden und sehr schwachen Gestalt war hier nichts weiter zu erkennen. Diese Galaxie ist übrigens in keinem der beiden erwähnten Himmelsatlanten mehr eingezeichnet. Die ebenfalls in der Nähe befindliche PGC28990 konnte ich an diesem Abend leider nicht bestätigen.

Links unterhalb des Kastensterns "Gamma" im Großen Wagen befindet sich zwischen M109 und M106 eine weitere Galaxie, die ich bislang noch nie im Okular hatte: NGC4088 (10,6 mag), die relativ hell und mit ca. 10x13' auch deutlich größer erscheint. Interessant ist hier auch die knapp südlich liegende, kleinere NGC4085 in Kantenlage, die mit 12,4 mag allerdings schon deutlich schwieriger ist.
Von hier aus ist der Weg zu M106 (oder NGC4258) in die Jagdhunde nicht weit, der man unbedingt einen "Besuch" abstatten sollte. Schließlich gehört diese schöne und große Spirale mit zu den hellsten Galaxien am Nordhimmel. Sie erscheint zunächst als großes, ungleich ausgeleuchtetes Oval mit deutlichem Kern. Spiralstruktur war hier ansatzweise erkennbar, aber aufgrund der Himmelsqualität leider keine weiteren Details. Quasi nebenan stehen noch NGC4217, eine recht kleine "Spindel", sowie im 90°-Winkel zu M106 die ebenfalls längliche NGC4220. Weitere Galaxien in dieser Gruppe konnte ich nicht sicher bestätigen.

Eine weitere, sehr lohnenswerte und interessante Galaxie aufgrund ihrer sichtbaren Struktur und Größe ist NGC3718 (10,8 mag)! Diese Galaxie werde ich mir auf jeden Fall nochmal unter dunklerem Himmel ansehen! Es handelt sich hierbei um eine sehr schöne Balkenspirale, die im Teleskop auffallend groß, deutlich länglich mit beidseitig spitz auslaufendem Halo erscheint. Das Zentrum erscheint hell und gewissermaßen irregulär, was einem Staubband liegt, welches das Zentrum in der Mitte teilt. Letzteres konnte ich jedoch leider nicht deutlich definiert erkennen. Ganz in der Nähe sieht man die ebenfalls deutlich helle, wenn auch etwas kleinere Begleitgalaxie NGC3729 noch schön im gleichen Gesichtsfeld!
Als besonderes, wenn auch aufgrund der Himmelsqualität nicht so ernst genommenes Ziel, galt an diesem Abend HCG56, nur knapp 7' südlich von NGC3718. HGC steht für "Hickson Compact Group" und bezeichnet kleinere, i.d.R. sehr dicht zusammenstehende und lichtschwache Galaxiengruppen. HGC56 besteht aus einer Kette von fünf bis zu 15mag (!) schwachen Galaxien, die ich trotz größer Anstrengung nicht sicher identifizieren, geschweigedenn trennen konnte. Ich konnte erkennen, dass "da etwas ist", allerdings nicht was! „smile“-Emoticon Ich denke, auch das hier könnte ein interessantes Ziel für bessere Nächte und Beobachtungsplätze sein.

Abschließend brauchte es noch ein Erfolgserlebnis, also schwenkte ich zur inzwischen schön hoch stehenden und wahrscheinlich wundervollsten "Strudelgalaxie" M51, auch bekannt als "Whirlpool"-Galaxie, die am Ende der Deichsel des Großen Wagens nicht allzu schwer aufzufinden ist. Der Anblick bei dunkel Himmel und mit Öffnungen ab 12 Zoll ist immer wieder beeindruckend! Die Strudelgalaxie ist wohl die Bilderbuchgalaxie schlechthin und auch ein sehr lohnendes Ziel für Astrofotografen. M51 heisst auch NGC 5194/5195, da eigentlich zwei Galaxien sichtbar sind. NGC5195 ist eine nahe, wechselwirkende Galaxie im Hintergrund. Die scheinbare Verbindung ("Lichtbrücke") durch einen aus NGC5194 auslaufenden Spiralarm ist leider nur unter perfekten Bedingungen sicher erkennbar. Trotzdem zeichneten sich die zwei gewundenen Hauptarme im rundlichen Halo von M51 deutlich ab. Unter stark lichtverschmutztem Stadthimmel wird man auch mit größeren Öffnungen i.d.R. nur die zwei diffusen, rundlichen und nah beisammenstehenden Zentren erkennen. Ich erinnere mich an eine tolle Nacht auf dem Osterberg vor über einem Jahr, wo M51 fast im Zenit stand und auch feinere Details in Form von Knoten innerhalb der Hauptarme erkennbar waren. „smile“-Emoticon
Ca. 30' südlich liegt übrigens noch NGC5198, eine sehr kleine rundliche Galaxie, die mit 11,8 mag zumindest indirekt mit mittleren Instrumenten sichtbar ist.

Oberhalb der hellen Deichselsterne "Alkor/Mizar" und "Alioth" machte ich mich noch auf die Suche nach NGC4814. Nach längerem Starhopping und mit Hilfe des dickeren "Deep Sky Beobachteraltas" (G. Stropek) fand ich die kleine 12 mag Galaxie dann auch. Leider war mir das schwierigste Ziel für diese Nacht, die Galaxie UGC8146 trotz größer Anstrengung nicht mehr vergönnt, was entweder an der Lichtschwäche von gerade mal 13,8 mag (!) lag oder auch an dem sich bereits ankündigenden Mondaufgang…

Tatsächlich erschien wenige Minuten später der Mond schön rot-orange am Osthorizont. Damit war dieser durchaus erfolgreiche Deep Sky Beobachtungsabend beendet und ich warf vor dem Abbauen nochmal einen letzten Blick auf Jupiter, der seinen Großen Roten Fleck bereits auf die erdabgewandte Seite gedreht hatte. Dafür erschienen sowohl im SEB sowie NEB zwei dunkle, in der Höhe etwas gegeneinander verschobene Spots.

Ich wünsche klaren Himmel!
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