Erlebnis Sonnenfinsternis 2008
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Aus Anlass der totalen Sonnenfinsternis 2008 fand in Nowosibirsk ein russisch-deutsches Jugendtreffen mit etwa 300 Teilnehmern statt. Ich hatte die Gelegenheit zusammen mit der VEGA daran teilzunehmen. Da es während unserer 12-tägigen Reise allerhand zu sehen und zu erleben gab, werde ich das Thema in mehrere Teile gliedern. Somit müsst ihr nicht alles auf einmal lesen und ich nicht alles auf einmal schreiben
- Offizieller Bericht (Autoren: Niklas Brusten, Falko Eggert, Susanne Hoffmann / abgedruckt in der Dawaj 03)
- Die Zugfahrt - mit dem Moskau-Express und der Transsibirischen Eisenbahn 4.500 km von Berlin nach Nowosibirsk
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Erlebnis Sonnenfinsternis 2008
Die ersten Finsternisbeobachter machten sich bereits nach dem Mittagessen auf den Weg zu einem nahen und mitten im Wald gelegenen Beobachtungsplatz, um sich gründlich vorzubereiten. Auch das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite. Die Sonnenfinsternis konnte also kommen.
Ganz unauffällig begann sich der Mond am späten Nachmittag des 01. August langsam vor die Sonne zu schieben. Ohne spezielle Sonnenfilter wäre einem dieser Teil der Finsternis zunächst wohl gar nicht aufgefallen. Mit dem zunehmend kälter und fahler werdendem Licht, kam eine ganz besondere Stimmung voller Vorfreude und Aufregung auf unserer Beobachtungswiese auf.
Die Birken, welche durch den zunehmenden Wind ungewöhnlich stark schwankten, boten ein bizarres Schattenspiel in ihren Blättern. Überall zeichneten sich kleine Sonnensicheln auf dem Waldboden ab, welche durch einen Effekt hervorgerufen wurden, den man sich auch bei einer Lochkamera zu Nutze macht. Selbst mit übereinander gekreuzten Fingern konnte man dieses Phänomen beobachten.
Für große Verwunderung sorgten ein paar Jungen, die begannen, unter den skeptischen Augen der um ihre Teleskope besorgten Hobbyastronomen, eine Runde Fußball zu spielen.
Etwa zwei Minuten vor Beginn der Totalität war der Himmel dann bereits so dunkel, dass man Venus links neben der Sonne entdecken konnte.
Mit den imposanten Lichtspielen des Diamantrings und der durch das unebene Relief des Mondes hervorgerufenen funkelnden Perlenschnur verabschiedeten sich unter den Jubelrufen der aufgeheizten Masse dann auch die letzten Sonnenstrahlen. Für einen kurzen Moment gelang es auch das rötlich scheinende und nach oben gezackte Gebilde der Chromosphäre zu erkennen. Die schwarze Scheibe des Mondes wurde von einem beeindruckenden Strahlenkranz einer typischen Minimumskorona sowie einer wunderschönen Protuberanz, einer Eruption von heißem Plasma, auf der rechten Seite umgeben.
Zu Venus gesellten sich nun auch noch die anderen Planeten Merkur, Saturn und Mars sowie einige hellere Sterne.
Mit dem voranschreiten der Finsternis veränderten sich die Lichtverhältnisse am Himmel dramatisch. Dieser war nämlich nicht einheitlich dunkel, sondern ließ in der Ferne jene Gebiete erkennen, welche nicht in der Totalitätszone lagen. Überall starten die Menschen gebannt nach oben, versuchten das Spektakel in Bildern festzuhalten oder nutzten die Gelegenheit um durch das ein oder andere Fernrohr zu schauen. Auch der Temperaturabfall um etwa fünf Grad war nun deutlich zu spüren und der Wind wurde immer kräftiger. Die Atmosphäre war schlicht ergreifend.
Nach viel zu kurzen 2 Minuten und 20 Sekunden endete die Totalität so wie sie begonnen hatte. Unter erneuten und lautstarken Jubelrufen wurde zunächst die Chromsphäre sichtbar, dann die Perlenschnur und zu guter Letzt der Diamantring. Und dann hieß es wieder "Filter drauf".
Doch einen Höhepunkt kurz nach der Totalität, zumindest für die Hobbyastronomen, gab es noch, die fliegenden Schatten. Diese waren auf einem ausgebreiteten weißen Laken als dunkle Bänder zu sehen und entstanden durch das von der schmalen Sonnensichel kommende Licht, welches die Turbulenzen und Dichtevariationen der Erdatmosphäre durchqueren musste. Die Bewegungsrichtung der fliegenden Schatten wurde dabei durch Höhenwinde bestimmt.
Während der Mond der Sonne langsam wieder Platz machte, umarmte man sich vor Freude, machte eine Vielzahl von Gruppenfotos und sprach über das Erlebte. Natürlich lag auch etwas Wehmut in der Luft, denn mit dem Ende der Finsternis näherte sich auch das Ende der Reise. Während sich die Meisten schon kurze Zeit später wieder ins Camp zurück begaben, verweilten andere noch ein wenig, um sich auch den Rest der partielle Phase nicht entgehen zu lassen. Denn es dauerte noch gut eine Stunde, bis der Mond die Sonne wieder vollständig freigegeben hatte und damit das Erlebnis Sonnenfinsternis 2008 in Nowosibirsk seinen Abschluss fand.
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Andro-Jesus
schön, dass wir den Beicht hier zu lesen bekommen. Mittlerweile müsste ja jeder hier aus dem Forum wissen, dass er da was richtig tolles verpasst hat. Auch wenns schon ein wenig her ist.
Die fliegenden Schatten, das ist auch so ein Phänomen, das ich gern mal erleben möchte. Ich hab bisher ja leider nur partielle Sonnenfinsternisse ab bekommen. Und bis in vertretbarer Entfernung mal wieder ein Kernschatten vorbei huscht, dauert es ja auch noch eine Weile. Aber so eine Sonnenfinsternis ist schon was feines.
Gruß,
Christian
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Andromedaner
Ich fühle mich nicht zu dem Glauben verpflichtet, dass derselbe Gott, der uns mit Sinnen, Vernunft und Verstand ausgestattet hat, von uns verlangt, dieselben nicht zu benutzen.
Galileo Galilei
Galileo Galilei
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Andro-Jesus
Aber irgendwann mach ich mal eine Reise zu so einer Sonnenfinsternis. Das ist ein dickes Ziel in meinem Leben. Muss ja was mords tolles sein.
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Andromedaner
Ich fühle mich nicht zu dem Glauben verpflichtet, dass derselbe Gott, der uns mit Sinnen, Vernunft und Verstand ausgestattet hat, von uns verlangt, dieselben nicht zu benutzen.
Galileo Galilei
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